Sportunterricht mit Kopftuch ist kein Problem – Tipps für eine sensible Beratung bei der Sportkleidung

  • “Mit dem Kopftuch kannst du keinen Sport machen.”
  • “Damit erwürgt man sich doch.”
  • “Damit hörst du nicht richtig.”
  • “Wegen der Nadel besteht Verletzungsgefahr.”

Mit Aussagen wie diesen werden Schülerinnen mit Kopftuch im Sportunterricht häufig konfrontiert. Aber auch Blicke reichen. Man wird schief angeguckt. Wir tragen anscheinend nicht das “normale Outfit”. Das führt dazu, dass kopftuchtragende Schülerinnen sich unwohl und ausgeschlossen fühlen und resultierend daraus gar nicht mehr aktiv am Sportunterricht teilnehmen (möchten).

Dieser Beitrag soll zur Normalisierung des Kopftuchs im Sportunterricht beitragen und damit hoffentlich zu einer Verbesserung des Klimas im Sportunterricht sowie zu mehr Verständnis, Respekt und Toleranz führen.

Nie ohne mein Kopftuch – auch im Sportunterricht kein Problem

Das Kopftuch wird als Ausdruck der religiösen Überzeugung getragen. Das sind ganz persönliche Gründe, die nicht vordergründig im Sportunterricht diskutiert werden. Daher wünschen wir uns für den Sportunterricht, dass Aussagen wie oben oder Fragen zum “Warum-Kopftuch”  respektvoll vermieden werden. Viele Sportlerinnen auf der ganzen Welt zeigen, dass das Kopftuch für die erfolgreiche Teilnahme am Sport und für gute Leistungen kein Problem ist. Gleichzeitig ist klar, dass eine Sportlehrkraft es nicht dulden kann, wenn das Kopftuch als Begründung für eine Nicht-Teilnahme am Sportunterricht angeführt wird. Das leitet sich aus der Schulpflicht ab (z. B. Erziehungsauftrag Art. 7 Abs. 1 Grundgesetz).

Wir wünschen uns, dass Sportlehrkräfte eine unterstützende Rolle spielen, indem sie Schülerinnen mit wenig Erfahrung im Sport sensible Tipps geben, welche Sportkleidung für sie am besten geeignet ist. Dabei sollte das Ziel sein, individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen und die sichere Teilnahme am Sportunterricht zu ermöglichen.

Und so könntest du beraten:

Das Sportkopftuch: Die beste Lösung?!

Für den Sportunterricht ist ein Sportkopftuch einfach das Beste. Es liegt eng an und ist aus Elastan oder Viskose. Es ist schnell anzuziehen, braucht keine Essentials, wie bspw. Nadeln und ist speziell fürs Bewegen gemacht. Es ist allerdings als Markenprodukt der bekannten Sportartikelhersteller für viele teuer (ca. 30 EUR pStk.).  Wir würden uns wünschen, dass jede Schule Sportkopftücher zum Verleih oder Test bereitstellt.

Das reguläre Sportkopftuch fällt in der Regel bis zu den Schultern. Allerdings gibt es manche Schülerinnen, die ein Sportkopftuch bevorzugen, das auch über die Brust fällt (siehe Bild 2). 

Wir geben es zu: Manche mögen es einfach nicht, wenn das Kopftuch sehr eng anliegt und finden es umständlich, die Kopftücher extra zu wechseln. Da der Stoff sehr elastisch ist, empfinden es einige Schülerinnen auch als zu locker und zum Verrutschen neigend und ziehen daher andere Kopftücher auch im Sportunterricht vor. Das Sportkopftuch daher zur Pflicht und zur einzigen Lösung zu machen, halten wir weder für sinnvoll noch für notwendig. Es geht auch anders.

Kein Sportkopftuch? Es geht auch anders!

Bei den meisten Bewegungsformen (z.B. Leichtathletik, Volleyball, etc.) ist die Art des Kopftuchs, also der Tragstil und das Material, nicht relevant und hat auch keine Auswirkung auf die Sicherheit. Bei Spielen mit Körperkontakt, beim Turnen (insbesondere bei Hilfestellungen), beim Kampfsport oder Ähnlichem gibt es folgende Tipps, für Kinder, die kein Sportkopftuch haben oder tragen.

Tipps zum Tragstil

  • Lose Enden einstecken
  • enger binden 

Tipps zum Material

Ideal sind Jersey- und Baumwollkopftücher. Jersey-Kopftücher können universell zu jeder Jahreszeit getragen werden und sind in vielen Geschäften zu erhalten. Jerseystoff ist elastisch und luftdurchlässig und daher die Nummer 1-Wahl für den Sportunterricht (nach dem Sportkopftuch). Mit einem Jersey-Kopftuch in enger Bindetechnik und eingesteckten Enden wirst du im Sportunterricht gute Erfahrungen machen, auch wenn die Bewegungen intensiver werden.  Kopftücher aus Chiffon und Seide sind für das Sporttreiben eher nicht geeignet, da der Stoff sehr leicht und dabei rutschig ist.

Lasst euch helfen und schaut, was gut für euch funktioniert.

Dass eine Person mit einer Burka (Ganzkörperverschleierung) oder Niqab (Gesichtsschleier) im Sportunterricht erscheint, halten wir für fast ausgeschlossen – unrealistisch. In dem Fall hilft nur das persönliche Gespräch und keine allgemeinen Tipps. 

Sichere Essentials – Nadeln, Magnete, Safety pins

Je nach Tragestil ist uns klar, dass ein Kopftuch nicht ohne Nadeln getragen werden kann. Es soll sich nicht ständig lockern und verrutschen!  Wir unterscheiden für die Beratung zwischen Stecknadeln und der einen Sicherheitsnadel, die das Kopftuch unter dem Hals oder an der Schulter zusammenhält. Stecknadeln lassen sich leicht durch die Wahl des Materials (Jersey oder Baumwolle) vermeiden, da man diese Kopftücher ohne Nadeln fest sitzend tragen kann. Also keine Stecknadeln im Sportunterricht. Die Sicherheitsnadel (Safety Pin) ist bei den meisten Bewegungen sicher kein Problem. Mai (Autorin) spielt schon immer problemlos Basketball mit Safety Pin im normalen Kopftuch.

Bei Bewegungsformen mit höherem Unfallpotential (Turnen, Trampolin, etc.) empfehlen wir eine Lösung komplett ohne Nadeln.

Weitere Befestigungsmöglichkeiten sind Magnetpins und Kopftuchclips. Lösungen wie Druckknöpfe oder Klett- und Gummibänder, die ohne metallische Nadeln befestigt werden,  halten wir für Ideen, die es nicht in die Praxis geschafft haben. Infos und Tipps an uns, wenn es da gute Lösungen gibt, nehmen wir gerne an. Gebt es doch zu: Die wenigsten tragen bei ihrem Sport die geforderte Sportbrille mit den gebogenen Enden.

Falls es häufiger passieren sollte, dass Schülerinnen ein lockeres, nicht-geeignetes Kopftuch mit Nadeln tragen, könnte sich die Anschaffung von Leih- Sport- und Jerseykopftüchern sowie Magneten und Clips lohnen, um mehr Schülerinnen zu ermutigen, am Sport teilzuhaben. Diese Anschaffung kann dann an vereinzelte Schülerinnen vergeben werden und wie Leibchen oder Ersatzschuhe am Ende des Unterrichts gewaschen zurückgegeben werden.

Fazit

Im Sportunterricht, wie auch in anderen schulischen Bereichen, ist ein respektvoller Umgang mit religiöser Vielfalt eine wichtige Voraussetzung für ein gutes Lernklima. Das Ziel sollte sein, positive Erfahrungen im Sport für alle zu ermöglichen und Vorurteile sowie Unverständnis abzubauen. Im persönlichen Gespräch lassen sich die meisten Missverständnisse schnell ausräumen.   

Hinweis der Redaktion

Dieser Artikel ist nicht als Beitrag zur allgemeinen politischen Debatte über das Tragen eines Kopftuchs gedacht. In unserer Rolle als Sportlehrkraft ist es nicht unsere Aufgabe, das Tragen eines Kopftuches als solches zu beurteilen, sondern damit umgehen zu können, wenn Kinder oder junge Erwachsene es im Sportunterricht tragen.  

Die Autorinnen

Maimuna Sawaneh ist Studentin. Sie filmt gerne und erstellt graphische Designs. Seit ihrer Jugend treibt sie vereinsmäßig Leichtathletik, Basketball und Turnen. Sie ist ehrenamtlich als Redakteurin beim You’N’Us Magazin und als muslimische Pfadfinderleiterin tätig.

Oumnia Mokallik studiert Lehramt für Sport und Politik und Wirtschaft an der Goethe-Universität in Frankfurt. Sie spielt seit ihrer Jugend Fußball und ist ehrenamtlich als Fußballtrainerin tätig. 

Bei Fragen oder Tipps sind die Autorinnen über sporthijab@wimasu.de erreichbar

Impressum

Dieses Dokument korrekt zitieren:

Mokallik, O. & Sawaneh, M. (2023). Sport mit Kopftuch ist kein Problem – Tipps für eine sensible Beratung bei der Sportkleidung. Zugriff am 27.04.2024 unter https://wimasu.de/sportunterricht-mit-kopftuch/

Illustrationen/Grafiken: Nao Matsuyama, Julia Schäfer
Herausgeber: Christoph Walther & Janes Veit
Lektorat: S. Drosten

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