Kleine Spiele sind ein unverzichtbarer Bestandteil des Sports. Ob als Start im Warm-Up, als Hauptaktion zum geselligen Ausklang oder einfach zum Zeitvertreib: Sie bieten abwechslungsreiche Anlässe zur Bewegungsaktivierung und Lerngelegenheiten für verschiedenste Ziel- und Altersgruppen. Doch ein Selbstläufer sind Kleine Spiele damit noch lange nicht. Damit sie wirklich „rund laufen“ und eine gute Spielatmosphäre entsteht, sollten einige wichtige Aspekte bei der Spielvorbereitung, bei der Durchführung und nach dem Spiel bedacht werden. Diese werden im vorliegenden Beitrag erläutert und mit praxisnahen Tipps ergänzt.
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Kleine Spiele unterscheiden sich von den großen Sportspielen durch einen deutlich geringeren Komplexitätsgrad. „Sie verfügen über kein international festgelegtes Regelwerk, sondern allenfalls über knappe Spielbeschreibungen […]. Die überwiegend motorischen Spielanforderungen sind offenbar einladend einfach, so dass möglichst schnell ein für alle anregend-aufregendes Spieleerlebnis zustande kommt“ (Kuhlmann, 2013, S. 169). Dadurch bieten sie viel Raum für Modifikation und Mitgestaltung. Das Spielgeschehen muss nicht bis ins kleinste Detail geregelt werden, sondern kann situativ an die speziellen Spielbedürfnisse und -voraussetzungen der Spieler:innen angepasst werden (Lange, 2013). Um eine gute Spielatmosphäre zu schaffen, gilt es Einiges zu beherzigen, worauf wir im Folgenden eingehen möchten. Dazu dient das Ablaufschema zum Einsatz von Spielen nach Kröger (2010) als Leitfaden. Als relevante Phasen nehmen wir die Spielauswahl über das Erklären, die Bildung von Gruppen und Teamrollen bis hin zur Durchführung, Steuerung und Auswertung in den Blick. In diese Struktur lassen sich ferner andere hilfreiche (spiel-)didaktische Empfehlungen integrieren (z. B. von Achtergarde, 2015; Döhring & Gissel, 2014; Döbler & Döbler, 2018; Kolb, 2013; Kuhlmann, 2013; Lang, 2007; 2009; 2015a; 2015b).
1 – Das Auswählen von Spielen für den Sportunterricht
Bei der Auswahl des Spiels steht zuallererst die Frage nach dem Ziel. Was soll mit dem Spiel erreicht werden? Denn: Nicht jedes Spiel ist für jedes Ziel geeignet und je konkreter die Spielleitung weiß, was sie mit einem Spiel erreichen möchte, umso kompetenter kann sie die Spielsituation später auch begleiten und auswerten. Geht es beispielsweise um gegenseitiges Kennenlernen, kooperatives Handeln und kommunikative Verständigung? Um eine Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Spielgeräten und Materialien? Geht es um den Erwerb konditioneller und koordinativer Fähigkeiten und Fertigkeiten oder um den Erwerb von Grundlagen taktischen Verhaltens? Stehen eine kritische Auseinandersetzung mit und die Akzeptanz von Regelstrukturen oder die Entwicklung situationsangemessenen Handelns und Entscheidens im Fokus?
Die Spielauswahl hängt zudem von weiteren Parametern ab:
Zielgruppe: Mit wem wird gespielt?
- Alter der Spielenden
- Gruppengröße
- Können und Spielverständnis
- Vorerfahrungen
- Stärken und Schwächen
- Interessen und Wünsche
- Stimmung innerhalb der Gruppe
- Probleme in bisherigen Spielsituationen
- vorangegangene Aktivitäten der Spielenden
Räumlichkeiten: Wo wird gespielt? Z. B. in der Sporthalle in einem Klassenraum oder im Freien? Auf Asphalt, im Sand, auf dem Eis oder im Wasser? Ist dieser Spielort für das Spiel geeignet?
Material: Welches Material eignet sich für das Spiel? Sind Größe/Eigenschaft der Materialien der Zielgruppe angemessen? Gibt es alternative Materialien um z. B. auch schwächere Spieler:innen einzubeziehen? Ist das ausgewählte Material in ausreichender Anzahl vorhanden? Wird Material zur Kennzeichnung der Teams oder bestimmter Spielrollen, wie z. B. Fänger:innen, benötigt (Leibchen, Parteibänder, etc.)? Wird Material zur Kennzeichnung des Spielfeldes benötigt (z. B. Pylonen, Linien)?
Geeignete Organisationsformen: Welche Spiel-, Lern- und Organisationsformen bieten sich an, um allen Spieler:innen möglichst viel Spiel- und Bewegungszeit in einer optimalen Spielintensität einzuräumen (Döhring & Gissel, 2014)? Empfehlenswert ist, bei großen Gruppen das Spiel mehrfach parallel spielen zu lassen und ein längerfristiges Ausscheiden einzelner Spieler:innen zu vermeiden (Lang, 2009).
Tipps zum Vermeiden von längerfristigen Ausscheiden
– Wer ausscheidet (z. B., weil er/sie abgeworfen oder gefangen wurde), erfüllt eine Zusatzaufgabe und kommt danach wieder ins Spiel (z. B. nach 5 Rückenschaukeln, 5 Sek. Wandhandstand, 10 Kniebeugen, 3 Treffer in den Basketballkorb, eine Runde um das Spielfeld laufen).
– Nur eine zuvor festgelegte Anzahl an Spielenden darf gleichzeitig ausscheiden. Ist diese Höchstzahl erreicht, darf der/die am längsten draußen sitzende Spieler:in wieder ins Feld (Veit et al, 2019).
Zeit: Steht genügend Zeit für das Spiel zu Verfügung? Um einen Spielfluss zu erleben, sollten die Spiele weder auf den letzten Drücker eingeführt, noch zu schnell gewechselt werden. Insbesondere für neue Spiele sollte genügend Zeit eingeräumt und möglichst immer Zeit für eine Revanche eingeplant werden (Lang, 2009).
Sinnvolle Reihung mit anderen Spielen/Übungen: Passen ausgewählte Spiele hinsichtlich der Spielintensität zusammen? Wechseln sich z. B. bewegungsintensive mit bewegungsärmeren Spielen ab? Passen bestimmte Spiele in organisatorischer Hinsicht gut zusammen, etwa weil bereits gewählte Teams bestehen bleiben können oder die Materialien/Feldbegrenzungen weiter genutzt werden können? Bauen bestimmte Spiele methodisch aufeinander auf?
Sicherheit: Entspricht das ausgewählte Spiel dem Entwicklungsstand der Spielenden? Welche Unfallgefahren und Risikofaktoren können mit dem ausgewählten Spiel einher gehen? Welche Hilfestellungen und Sicherheitsmaßnahmen müssen gewährleistet werden?
Was du zur Sicherheit unbedingt beachten solltest:
- Bei laufintensiven Spielen ist eine ausreichende Auslaufzone zu berücksichtigen (nicht die Wand als Spielfeldbegrenzung nehmen) (Lang, 2009).
- Alle Spielgeräte, die nicht zum Spiel gehören, sind aus dem Weg zu räumen.
- Bei Spielen mit Geräteaufbauten ist vor der Nutzung eine Prüfung auf Funktionstüchtigkeit und äußerlich erkennbare Mängel durchzuführen. Erst danach erfolgt eine Gerätefreigabe (DGUV 2017; 2019).
2 – Das Vorstellen der Spielidee
Ist ein Spiel ausgewählt, gilt es zu überlegen, wie es den Spieler:innen nahegebracht werden soll. Diese Inszenierung „umfasst ganz allgemein eine Gesprächssituation, in der alle am Spiel Beteiligten Verständigung über das Spiel erzielen müssen“ (Kuhlmann, 2013). Hier ist aber auch zu überlegen, ob weitere Medien in die Spielerklärung einbezogen werden sollen (z. B. eine Skizze auf dem Whiteboard)? Können bestimmte Gesten und Mimik die Spielerklärung unterstützen (z. B. das Zeigen von Spielfeldbegrenzungen, Spielgeräten) oder komplexere Spielregelzüge mit einzelnen Spieler:innen demonstriert werden? Ferner ist zu überlegen, welche Signalworte einzuführen sind (z. B. Fachbezeichnungen für bestimmte Zonen (Endzone, Freilaufzone) oder bestimmte Spielrollen (z. B. Fänger:in, Torhüter:in). Bei der Vorstellung der Spielrollen ist zudem überlegenswert, sie im Sinne einer gendersensiblen Sprache oder neutral zu benennen, damit sich Spielende jeden Geschlechts angesprochen fühlen (z. B. König/Königin).
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind, in Anlehnung an Achtergarde (2015), Lang (2009; 2015b) und Kuhlmann (2013), bei der Spielerklärung folgende Punkte zu thematisieren:
- Spielname: Es ist ratsam, mit dem Spielnamen zu beginnen. Dabei ist ein möglichst griffiger kurzer Name zu wählen, der sich gut merken lässt und bereits auf charakteristische Merkmale des Spiels verweist (Achtergarde, 2015). Dadurch werden Assoziationen erzeugt, die für einen Wiedererkennungswert bei späteren Spielwiederholungen sorgen (Lang, 2009).
- Ziel des Spiels: Anschließend gilt es in ein bis zwei Sätzen die grundsätzliche Idee des Spiels zu erklären. Besonders interessant wird eine Spielidee mitunter dann, wenn die Spielleitung sie in eine fesselnde Geschichte einbettet.
- Spielaufgaben: Worin liegen nun die besonderen Herausforderungen des Spiels? Welche Aufgaben sind zu erfüllen, damit das Ziel des Spiels erreicht wird? Gibt es innerhalb eines Teams vielleicht noch verschiedene Aufgaben? Wer hat dann welche Aufgabe zu erfüllen? Werden bestimmte Materialien benötigt, um die Spielaufgabe zu lösen?
- Spielregeln: Welche konkreten Regeln gelten? Was ist im Umgang mit dem Spielgerät und/oder den Mitspielenden erlaubt und was nicht? Welche Spielfeldmarkierungen gelten? Gibt es für das Verhalten in bestimmten Spielfeldzonen eigene Vorschriften? Wie werden Regelüberschreitungen geahndet? (Lang, 2009). Dabei empfiehlt sich ein „dosiertes“ Vorgehen nach dem Motto „so viel wie nötig und so wenig wie möglich!“
- Spielmodus: Hier sind nun alle relevanten Fragen zum Spielablauf zu klären. Wie wird das Spiel gestartet? Wann ist ein Punkt, ein Treffer erzielt? Wie geht es danach weiter? Wann und unter welchen Bedingungen ist das Ziel des Spiels erreicht? Wann ist das Spiel zu Ende? (Lang 2015).
- Sicherheit: Zu diesem Punkt sollten mögliche Gefahrenquellen angesprochen werden und Ideen erörtert werden, um die Sicherheit zu erhöhen.
- Rückfragen: Zum Ende der Spielerklärung empfiehlt sich die Rückfrage nach bestehenden Unklarheiten.
3 – Team- und Rolleneinteilung
Wer spielt mit wem und je nach Spiel auch gegen wen? Für die Durchführung vieler Spiele werden Paare, Kleingruppen oder größere Teams benötigt. Ein durchaus sensibles Thema, denn diese Situationen bergen die Gefahr, dass einige Spielende, die immer wieder zuletzt eine:n Partner:in oder Team finden, schmerzliche Ausgrenzungs- und Missachtungserfahrungen sammeln (Grimminger-Seidensticker, 2015). Aus diesem Grund, Spieler:innen die Wahl der Teams möglichst nicht sich selbst überlassen, sondern bereits im Vorfeld überlegen, wann, wie und nach welchen Kriterien Teams gebildet werden (Döring & Gissel, 2014). Dabei gilt: Je größer das Repertoire der Spielleitung ist, desto flexibler kann sie auf individuelle und spezielle Situationen der Gruppe eingehen (Bauer, 2010).
Tipp: Möglichkeiten zur Teameinteilung
Teameinteilung mittels bestimmter Merkmale (ohne Material)
Z. B. dunkle/helle Kleidung; Farbe der Schnürsenkel.
Teameinteilung durch diverse Materialien
Z. B. „Gleich und Gleich gesellt sich gern“ oder „Gemeinsamkeiten finden“. Spielende ziehen dabei ein vorbereitetes Kärtchen und finden sich, entsprechend der dort stehenden Aufgabe, mit den Mitspielenden zusammen; s. Material). Alternativ: Der Klassiker mit Skatspiel-Karten, bei dem Kreuz, Herz, Pik, Karo jeweils zusammengehen.
Teameinteilung durch ein vorgeschaltetes Spiel
Z. B. Kettenfangen: Alle Paare stellen sich auf und trennen sich in 2 Teams.
Unabhängig von der gewählten Methode ist es empfehlenswert, sich als Spielleitung grundsätzlich ein Veto bei der Teameinteilung zu sichern, um bei wahrgenommenen Ungleichheiten bzw. Ungerechtigkeiten steuernd eingreifen zu können.
Gibt es in einem Spiel bestimmte Rollen zu verteilen (z. B. Hase und Jäger:in; Hexe:r und Fee), so können auch diese bereits bei der Wahlmethode vergeben werden. Hier ggf. an einen Wechsel denken, damit Spielende nicht zu lange in einer bestimmten Rolle verharren.
Tipp: Die Wechselzone im Spiel
Bei Fangspielen kann der Rollenwechsel der Fänger:innen beispielsweise durch das Einrichten einer Wechselzone etabliert werden. In diese Wechselzone legen die Fänger:innen, wenn sie die Rolle abgeben möchten, ihre Kennzeichnung hinein (z. B. ein Leibchen). Jemand anderes kann nun durch Aufheben dieses Gegenstands die Rolle übernehmen.
Etwas Zeit sollte schließlich auch für die Verteilung der taktischen Rollen eingeplant werden. Die Absprachen über Hintermann/-frau, Aufstellung in der Staffel, Torhüter:in, Feldaufteilung oder die Frage wer in der Staffel bei ungleich großen Teams doppelt läuft, sollten vor Spielbeginn abgesprochen sein.
4 – Das Ausführen des Spiels
Sind alle organisatorischen Punkte geklärt, kann das Spiel beginnen. Insbesondere bei komplizierten Spielen empfiehlt sich zunächst eine Proberunde zu spielen, in der noch keine Punkte/Tore gezählt werden. So können Unklarheiten geklärt werden, ohne dass es gleich zu subjektiv erlebten „Ungerechtigkeiten“ kommt.
Ist das Spiel mit einem eindeutigen Signal gestartet, heißt es für die Spielleitung, eine Position zu finden, von der aus das Spielgeschehen gut überschaut und begleitet werden kann. Denn: die Spielleitung „bleibt […] dem Spiel von außen weiter verbunden. [Sie] kann sich jedoch zurückhalten, wenn es läuft […], bleibt ein:e stille:r, aber (hoffentlich!) aufmerksame:r Beobachter:in des Spielgeschehens“ (Kuhlmann, 2013, S. 177). Für einen guten Spielfluss gilt es dem Spiel Zeit zu geben. „Ein gutes Spiel im dialektischen Sinne bedeutet so zu spielen, dass eine Balance im Spannungsfeld gefunden wird, die die Beteiligten als reizvoll empfinden. Sie liegt immer dann vor, wenn die Spielenden ganz im Spiel aufgehen und das Spiel als eine Art Flow-Erlebnis empfinden (z. B. Csikszentmihaly 1992)“ (Kuhlmann, 2013, S. 176).
Schließlich sollte auch dem Ende des Spiels Beachtung geschenkt werden. Auch wenn eingangs bestimmt wurde, dass z. B. eine bestimmte Zeit lang gespielt wird oder eine bestimmte Anzahl an Durchgängen absolviert werden, ist ein gutes Gespür der Spielleitung für das richtige Ende eines Spiels wichtig: Ein Spiel lieber beenden, wenn es am schönsten ist, als wenn es bereits „totgespielt“ ist und Langeweile und Frust aufkommen. Daher empfiehlt es sich, das Spielende rechtzeitig anzukündigen (z. B. durch Hinweis „noch eine Minute“) und dann ein eindeutiges Ende zu finden.
Tipp: Das Ende eines Spiels
Es gibt vielfältige Möglichkeiten, ein Spiel zu beenden. Beispielsweise …
… nach Zeitvorgabe:
Welches Team in 5 Minuten die meisten Treffer erzielt.
Welches Team in 3 Minuten die meisten Durchgänge schafft.
Wenn 10 Minuten um sind.
… nach Durchgängen:
Welches Team nach 2 Durchgängen als Erstes im Ziel ist.
… nach Treffern:
Welches Team zuerst 10 Treffer erzielt.
Welches Team zuerst 2 Treffer mehr als das andere erzielt.
… nach spieler:innenbezogenen Kriterien:
Wenn alle Spieler:innen einmal dran waren.
Wenn alle Spieler:innen gefangen wurden.
… nach gegenstandsbezogenen Kriterien:
Wenn ein bestimmter Gegenstand erobert/gefunden/ertastet wurde.
Gab es in dem Spiel Sieger:innen sollten diese nach Spielende entsprechend gewürdigt werden.
5 – Das Spiel steuernd begleiten
Die fortwährende Begleitung und Steuerung eines Spiels ist eine wichtige Aufgabe. Denn oftmals läuft ein Spiel (oder Teilaspekte des Spiels) nicht so ab, wie zu Beginn geplant (Döring & Gissel, 2014). Treten erwartete oder auch unerwartete Probleme auf (Döring & Gissel), kann ein gezieltes Eingreifen der Spielleitung erforderlich sein. Etwa, weil „die Balance im Spannungsfeld des Spiels zu kippen droht, wenn die Spielstörungen so groß sind, dass sie ein gutes Spielen gänzlich verhindern“ (Kuhlmann, 2013, S. 177). Dieses gezielte Eingreifen der Spielleitung kann unterschiedlich aussehen, besteht aber immer aus einer helfenden Tätigkeit, beispielsweise: „Ein persönliches, aber beiläufiges Ansprechen eines einzelnen Mitspielers oder ein spielunterbrechendes ‚time-out‘, das zur Reflexion von vorausgegangenen Aktionen und evtl. zur Modifikation des zukünftigen Spielgeschehens führen kann“ (Kuhlmann, 2013, S. 177).
Kommt ein Spiel ins Stocken, können bereits kleine Veränderungen das Spiel verändern (Döbler & Döbler, 2018; Lang 2009; Kolb, 2013). Diese finden umso breiteren Konsens, wenn sie gemeinsam mit allen Spielenden ausgehandelt und entschieden werden. Veränderbar ist beispielsweise:
Die Sozialstruktur:
- Anzahl der Mitspieler:innen je Team erhöhen/verringern.
- Anzahl der Fänger:innen erhöhen/verringern.
- Spielende als „Joker“ einsetzen, die dort eingesetzt werden, wo ein Team zu verlieren droht.
Das Spielfeld:
- Spielfeld vergrößern/verkleinern.
- Spielfeld in Zonen teilen, in denen sich nur bestimmte Mitspielende der Teams aufhalten dürfen.
- Laufwege verkürzen/verlängern/verändern (z. B. Hindernisse einbauen, die übersprungen oder umlaufen werden müssen).
Das Material:
- Anzahl der Wurfgeräte erhöhen/verringern.
- Anderes Wurfmaterial verwenden (z. B. Frisbee, Football, Bierdeckel anstatt eines Balls).
Das/die Ziel(e):
- Ziele mittig aufstellen statt ans Spielfeldende.
- Mehrere Ziele je Team aufstellen.
- Betreten-Verboten-Zone um das Ziel herum festlegen.
Die zu erledigende Aufgabe:
- Indirekte Zielaktionen vorschreiben.
- Alternative Formen des Fangens und Stoppens des Spielobjektes einführen (z. B. indem ein Ball nur mit einer Pylone gefangen werden darf).
- Mitspielenden innerhalb eines Teams unterschiedliche Spieltechniken zuordnen (z. B. dürfen einige einen Ball nur mit dem Fuß stoppen und passen, andere nur mit der Hand fangen und werfen).
- Möglichkeiten individueller Bewegung mit deinem Ball begrenzen (z. B. Einführung einer Schrittregel nach Ballerhalt).
6 – Die Auswertung des Spiels
Kleine Spiele bieten viel Raum für Modifikation und Mitgestaltung. Insofern empfiehlt es sich, auch der Auswertung ausreichend Zeit einzuräumen. Das gedankliche „Durchdringen“ des Geschehenen und Erlebten und dessen reflexiver Bewertung liefert begründete Einsichten, um z. B. die Planung zu überdenken, neue Ideen für die Durchführung zu finden und Lernprozesse bei den Spielenden anzuregen (Neumann, 2007; Balz, 2007; Wibowo, 2017). Einer zielgerichteten Auswertung sollten dabei Gütemaßstäbe zugrunde liegen, die sich auf verschiedene Aspekte des Spielgeschehens beziehen können. Hilfreich ist u. E. die von Balz (2007) getroffene Unterscheidung in Prozess, Produkt und Prämissen/Planung, aus der sich folgende beispielhaften Fragen zur Auswertung des Spielgeschehens ableiten lassen:
Prozessebene (Spielereignisse):
- Spielaufbau: Wie hat der Spielaufbau funktioniert? Wie lässt sich der Spielaufbau optimieren?
- Regelabsprachen: Wurden alle Regeln eingehalten? Haben die vereinbarten Regeln ausgereicht? Machen die neu vereinbarten Regeln das Spiel interessanter?
- Spielleitungsverhalten: War die Spielerklärung verständlich? Waren die Spielentscheidungen fair?
- Spieler:innenverhalten: Waren alle Spielenden gleichermaßen in das Spiel eingebunden? Haben sich die Spielenden fair verhalten? Hat das Spiel Spaß gemacht? Woran ließ sich die Motivation der Spielenden erkennen?
Produktebene (Spielergebnisse):
- Wie zufrieden sind die Spielenden mit der Leistung des eigenen Teams?
- Welche Fähigkeiten sind wichtig, um die Spielaufgabe(n) als Team zu lösen?
- Was hat im Spiel in motorischer Hinsicht gut funktioniert (z. B. das Zuspiel von Pässen; Zufriedenheit mit dem Wurfgerät)? Was hat in kognitiver Hinsicht gut funktioniert (z. B. die Spieltaktik; Welche alternativen Taktiken gibt es?)? Was hat in sozial-affektiver Hinsicht gut funktioniert (z. B. Kooperation und Kommunikation)?
- Welche Verbesserungsvorschläge gibt es?
Planungsebene:
- Wurden alle relevanten Planungsaspekte bedacht? Was ist anders gelaufen als geplant?
- Entsprach das Spiel dem Könnens- und Entwicklungsstand der Spielenden?
- Waren die Geräteaufbauten geeignet? War die Spielfeldgröße ausreichend? War das gewählte Zeitfenster angemessen?
- War die Raumaufteilung in Ordnung?
- Hat die Zeit ausgereicht?
- War die Reihenfolge der ausgewählten Spiele stimmig?
Tipp: 5 Methoden zur Spielauswertung
Eine Spielauswertung kann z. B. entlang der obenstehenden Fragen mittels folgender Methoden erfolgen (Neumann & Groß, 2017):
– Daumenprobe
– 5-Finger-Feedback
– Smiley-Feedback
– Rasende:r Reporter:in
Weitere Infos dazu im Material zum Beitrag (pdf).
Solche Auswertungsphasen lassen sich sowohl spielbegleitend (z. B. zwischen zwei Spieldurchgängen), als auch am Ende der Spieleinheit durchführen. Wichtig ist, dass die Auswertungen ergebnisoffen sind. „Alle Aussagen sind wertzuschätzen (z. B. das habe ich nicht so gesehen, aber schön, dass du es sagst)“ (Veit et. al, 2020, S. 13). Und obschon die Auswertung wichtig ist, sollten sie doch mit Augenmaß betrieben werden. Denn auch die reflexive „Vergewisserung“ hat ihre Grenzen: „Nicht alle Spiele bieten Anlass für Gespräch, aber die meisten …“ (Veit et al., 2020, S. 13). Und auch die Gefahr, dass ein Spiel „zerredet“ wird, besteht. Insofern halten wir es mit Balz (2017), der empfiehlt, die Auswertung „als regelmäßiges Geschäft zu betreiben, aber eben nicht als zwanghafte Pflicht“.
Fazit
Die vorangegangenen Ausführungen zusammenfassend, ist zu konstatieren, dass das Spielen eine vielschichtige Tätigkeit ist. „Spiele überraschen uns immer wieder, nehmen einen unvorhergesehenen Verlauf, lassen sich mit Themen verbinden, die zunächst völlig unvereinbar mit einem Spielgeschehen erscheinen“ (Heimlich, 2014, S. 19). Die Fülle der hier dargelegten spieldidaktischen Hinweise sind daher als Impulse zu verstehen, die darauf abzielen, bestimmte Überraschungsmomente des Spielgeschehens aktiv zu gestalten und steuernd zu begleiten, damit sich höchstmögliche Spielfreude entfalten kann. Vor diesem Hintergrund wünschen wir allen Spielenden viele erfüllte und bunte Spielmomente.
Literatur
Achtergarde, F. (2015). Selbständiges Arbeiten im Sportunterricht: Ein Sportmethodenhandbuch (5., überarb. Aufl.). Meyer & Meyer.
Balz, E. (2007). Lektion 12: Wie wird Sportunterricht ausgewertet? In N. Dreiling (Red), Methoden im Sportunterricht: ein Lehrbuch in 14 Lektionen (5. Aufl.) (S. 203-217). Hofmann.Balz, E. (2017). Mehrperspektivischen Sportunterricht auswerten: Zusammenhänge, Empfehlungen, Beispiele. sportpädagogik, 41(5), 38-41.
Bauer, M. (2010). Mannschaften bilden im Sportunterricht. Eine pädagogische Herausforderung für jeden Sportlehrer. Lehrhilfen für den Sportunterricht, 59(1), 12-14.
Bindel, T. (2015). Das Spielen im Sportunterricht erhalten. sportpädagogik, 39(3/4), 1-8.
DGUV Information 202-052 (2017). Alternative Nutzung von Sportgeräten. Zugriff am 16.05.2022 unter: https://publikationen.dguv.de/regelwerk/regelwerk-nach-fachbereich/bildungseinrichtungen/schulen/1414/alternative-nutzung-von-sportgeraeten
DGUV Information 202-044 (2019). Sportstätten und Sportgeräte – Hinweise zur Sicherheit und Prüfung. Zugriff am 16.05.2022 unter: https://publikationen.dguv.de/regelwerk/regelwerk-nach-fachbereich/bildungseinrichtungen/schulen/1406/sportstaetten-und-sportgeraete-hinweise-zur-sicherheit-und-pru-fung
Doebler, E. & Döbler, H. (2018). Kleine Spiele: Das Standardwerk für Ausbildung und Praxis. Verlag an der Ruhr.
Döhring, V. & Gissel, N. (2009). Sportunterricht planen und auswerten: Ein Praxisbuch für Lehrende und Studierende. Schneider-Verlag.
Grimminger-Seidensticker, E. (2015). Missachtungsprozesse unter Schülerinnen und Schülern im Sportunterricht. sportpädagogik 39(1), 40-43.
Heimlich, U. (2014). Einführung in die Spielpädagogik (3. überarb. u. erw. Aufl.). Verlag Julius Klinkhardt.
Kolb, M. (2013). Wettkampforientierte Teamspiele gestalten: Regeländerungsprinzipien zur Unterstützung einer ausgeglichenen Teilhabe in heterogenen Gruppen. sportpädagogik, 37(3/4), 75-78.
Kröger, C. (2010). Volleyball. Ein spielgemäßes Vermittlungskonzept. Hofmann.
Neumann, P. & Große, C. (2017). Sportunterricht auswerten. sportpädagogik, 41(5), 2-6.
Neuber, N. (2009). Kreative Bewegungserziehung – Bewegungstheater. Meyer & Meyer
Kuhlmann, D. (2013). Kleine Spiele. In R. Laging (Hrsg.). Neues Taschenbuch des Sportunterrichts (S. 168-203). Schneider-Verlag.
Lang, H. (2007). Staffelspiele und Gruppenwettbewerbe: Anregungen für Grundschulen. Hofmann.
Lang, H. (2009). Spielen, Spiele, Spiel. Handreichungen für den Spielunterricht in der Grundschule. (5. überarb. Aufl.). Hofmann.
Lang, H. (2015a). Erst (ab)wägen – dann wagen. (Schul-)sportliche Problemlöseaufgaben für fas alle Altersstufen. Hofmann.
Lang, H. (2015b). Spielregeln sind notwendig. Lehrhilfen für den Sportunterricht, 64(4), 120-121.
Lange, H. (2013). Sportdidaktik und Sportpädagogik: Ein fachdidaktischer Grundriss. Oldenbourg Verlag.
Veit, J., Boe, L. & Walther Ch. (2019). Die schaurigsten Zombieballvarianten. Zugriff am 12.05.2022 unter https://wimasu.de/zombieball/
Veit, J., Walther, Ch. & Eickhorst, Ch. (2020). ZusammenWachsen – Klassenteambuilding für alle Lehrkräfte. Eingeschränkter Zugriff am 16.05.2022 unter https://wimasu.de/shop/zusammenwachsen-klassenteambuilding/
Wibowo, J. (2017). Reflektieren im Sportunterricht. Zugriff am 09.05.2022 unter:
https://wimasu.de/reflektieren.
Die Autorinnen
Hilke Teubert (Dr.) ist Oberstudienrätin im Hochschuldienst in der Arbeitsgruppe Sportdidaktik und -pädagogik (Department Sport & Gesundheit, Universität Paderborn). Sie unterrichtet angehende Sportlehrer:innen und außerschulische Sportwissenschaftler:innen im „Be- wegen an Geräten“, „Kleinen Spielen“ und in verschiedenen sportpädagogisch-didaktischen Seminaren.
Christina Zobe (Dr.) ist Lehrkraft für besondere Aufgaben am Departement Sport und Gesundheit der Universität Paderborn und in der theoretischen und sportpraktischen Ausbildung tätig.
Impressum
Dieses Dokument korrekt zitieren:
Teubert, H., Zobe, Ch. (2022). Kleine Spiele planen, spielen und auswerten. Beitrag zur Spielesammlung für den Sportunterricht by Teubert & Friends. Zugriff am 21.11.2024 unter https://wimasu.de/kleine-spiele-im-sportunterricht-planen-spielen-auswerten/
Illustrationen/Grafiken: Nao Matsuyama, Julia Schäfer
Herausgeber: Christoph Walther & Janes Veit
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