Wer Handball in der Grundschule, Klasse 3, 4, 5 und 6 einführen möchte, kommt am altbewährten Konzept des Aufsetzerhandball nicht vorbei. In diesem Artikel geben wir einen Überblick über die Besonderheiten des Handballs für Primarbereich und stellen unsere Reihe zum Aufsetzerhandball vor.
Besonderheiten des Handballs in der (Grund-)Schule
In vielen Lehrplänen der kompetenzorientierten Generation wird Handball nicht mehr explizit aufgeführt, sondern kann dem Bereich Spielen (Hessen; HKM, 2010, 25; auch Baden-Württemberg BW, 2016) bzw. Zielschussspiele (Thüringen, THÜ, 2016, 24) zugeordnet werden. Das führt dazu, dass vor allem bei kleinen Kindern auf Handball zu Gunsten „kleiner Spiele“ verzichtet wird. Mit der Spielform Aufsetzerhandball in unserer gleichnamigen Spielreihe möchten wir Werbung dafür machen, den Handball schon möglichst früh in die Sporthalle zu werfen.
Beim Schulhandball gilt es insbesondere zu berücksichtigen, dass
- die Kinder sehr unterschiedliche Ballerfahrungen haben,
- die Kinder oft wenig bis keine Handballerfahrungen haben,
- 20 bis 30 Kinder in einer Klasse gleichzeitig spielen wollen,
- häufig nur in einem Hallendrittel oder in einer kleinen Halle gespielt werden kann.
Natürlich freuen wir Lehrkräfte uns, wenn der organisatorische Aufwand überschaubar bleibt und an die Schüler:innen abgegeben werden kann. Um allen Schüler:innen einen freundvollen Einstieg in das Handballspiel zu ermöglichen, gilt es, die Spielidee und elementare Spielstrategien in eine Handballversion zu verpacken, die die obigen Besonderheiten berücksichtigt und daher verständlicherweise vom „erwachsenen“ Zielspiel abweicht. Diese Handballvariante nennen wir „Aufsetzerhandball“.
Die Kernprobleme des Handballs
Je nach Niveau und Spielform können mögliche Kernprobleme des Handballs benannt werden:
Aus der Perspektive „Angriff“:
- Balltransport zur Wurflinie,
- Herausspielen einer Wurfmöglichkeit,
- und Torwurf
Aus der Perspektive „Verteidigung“:
- Verhinderung eines Tores,
- Verhindern einer Wurfmöglichkeit,
- Balltransport stören
Dazu sind kognitive, taktische sowie konkrete motorische Bewegungsformen notwendig, deren Vermittlung nicht durch Addition der einzelnen Fähigkeiten und Fertigkeiten gelingt, sondern mittels „echter“ Spielformen, bei denen die Spielidee nicht weggelassen oder ersetzt wurde. Entsprechend des Könnenstandes der Spieler:innen in der Grundschule und zu Beginn der Sekundarstufe I (in der Regel sind es Spielanfänger:innen), müssen die strukturellen Voraussetzungen und konstitutiven Regeln des Handballs so aufbereitet werden, dass die Spielidee für sie realisierbar wird – darum spielen wir gerne Aufsetzerhandball!
Wie funktioniert Aufsetzerhandball?
Das Spiel erfolgt auf einem Spielfeld, das aus einer mit Gummifliesen markierten Wurflinie in der Mitte und zwei sehr breiten Toren (ca. 5m) auf der jeweiligen Grundlinie besteht. Die Wurflinie ersetzt den Kreis im „Erwachsenenhandball“.
Grundregeln
- Jedes Team bleibt in der eigenen Hälfte.
- Der Wurf auf das Tor muss vor der Wurflinie erfolgen.
- Wie der Ball zur Wurflinie gebracht wird und wie geworfen wird, bleibt zunächst den Spieler:innen überlassen. Hier entwickelt sich das Grundspiel.
- Tore werden nur über Aufsetzer erzielt, d.h. der Ball muss den Boden vor dem Überspringen der Torlinie berühren, sonst „zählt“ das Tor nicht. Dazu ist eine „Lattenmarkierung“ der Tore nicht unbedingt notwendig. Die Torhöhe lässt sich aber auch recht problemlos bspw. mit Kreppband an der Wand/ am Trennvorhang markieren.
- In der Verteidigung sind beide Kinder gleichzeitig Torhüter:innen auf der Grundlinie. Das ergibt Sinn, wenn das Tor ausreichend groß ist.
Die Weiterentwicklung des Aufsetzerhandballs als Grundidee des Unterrichtsvorhabens
Aufbauend auf diese Grundform des 2:2 erfolgt die Grundidee eines Unterrichtsvorhabens.
Zunächst liegt der Fokus auf dem Torabschluss. Hier bietet sich für Grundschüler:innen der Schlagwurf an. Um zur Wurflinie zu kommen, bzw. den „Raum“ bis dorthin „zu überwinden“, fällt der Fokus anschließend auf das Prellen und Zuspielen. So wird das Spiel immer „handballartiger“.
Anschließend wird durch das Verteidigen an der Wurflinie (WL) bzw. sogar im gegnerischen Feld der Druck auf die Angreifer:innen erhöht. Das Werfen, Passen und Prellen erfolgt so unter immer schwierigeren Bedingungen. Armin empfiehlt insbesondere in der Grundschule beim 2:2 zu bleiben und erst mit älteren Schüler:innen weitere Spieler:innen ins Feld zu nehmen.
Fazit
Kinderhandball als Aufsetzerhandball in der Schule zu spielen ist in unseren Worten ein “MUST-HAVE” in jeder Sportler:innen Zauberkiste. Unser Unterrichtsmaterial hilft euch dabei die Idee in die Turnhalle zu bringen. Freut euch auf eine kleinschrittige Spielreihe und farbenfrohe Grafiken, die euren Kindern das Spiel und erste Techniken des Handballs näher bringen können.
Literatur
Hessisches Kultusministerium (HKM) (2011). Bildungsstandards und Inhaltsfelder. Das neue Kerncurriculum für Hessen. Sekundarstufe I – Gymnasium. Sport. Zugriff am 09.06.2018 unter https://kultusministerium.hessen.de/sites/default/files/media/kerncurriculum_sport_gymnasium.pdf
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (THÜ) (2016). Lehrplan für den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife – Sport. Zugriff am 07.01.2021 unter https://www.schulportal-thueringen.de/tip/resources/medien/20399?dateiname=LP_GY_Sp_2016.pdf
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (BW) (2016). Bildungspläne 2016 Gymnasium Sport. Zugriff am 06.01.2021 unter http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/GYM/SPO/IK/5-6/01/01
Die Autoren
Armin Eisele verbindet seit 33 Jahren Schule, Schulsport und Handball. Er ist ausgebildeter Grund- und Hauptschullehrer und Autor mehrerer handballspezifischer Veröffentlichungen.
Christoph Walther und Janes Veit sind Gründer von WIMASU. Christoph hat mal den Kreisentscheid Handball gewonnen. Sein Ziel war es immer mal ein „richtiges“ Tor mit dem Kempa-Trick zu werfen. Janes war Fußball-Torwart und hat den Schwerpunkt Handball erfolgreich abgeschlossen. Was will man mehr.
Hans-Gerhard Hahn ist seit mehr als 40 Jahren Trainer im Jugend- und Kinderhandball. Zusammen mit Armin Eisele entwickelte der A-Lizenz-Inhaber die Kinderhandball- und Schulhandballkonzeption des Handballverbands Württemberg.
Impressum
Dieses Dokument korrekt zitieren:
Eisele, A.; Walther, Ch. & H.-G. Hahn (2021). Spiel’ doch Aufsetzerhandball! Handball für die Grundschule, Klasse 5 und 6. Zugriff am 21.11.2024 unter https://wimasu.de/handball-in-der-grundschule-und-sekundarstufe-1-einfuehren/
Redaktion: Christoph Walther
Illustrationen/Grafiken: Nao Matsuyama, Julia Schäfer
Herausgeber: Christoph Walther & Janes Veit
Lektorat: Marco Wolfgramm